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Interview: In diesem komplexen Umfeld ist viel Flexibilität erforderlich

Thomas Gut

Thomas Gut
Thomas Gut ist als Leiter Life Cycle Management und Erhaltung Gotthardachse verantwortlich für die Planung und Umsetzung sämtlicher Unterhaltsarbeiten sowie für den Ersatz der Anlagen auf der Gotthardachse mit den beiden Basistunnels am Gotthard und am Monte Ceneri.

Pascal Zumbühl

Pascal Zumbühl
Pascal Zumbühl ist Geschäftsführer Zentralschweiz der ISS Kanal Services AG.

Die SBB hat den Vertrag mit der ISS Kanal Services AG für den Unterhalt der Entwässerung im Gotthard-Basistunnel (GBT) um fünf Jahre verlängert. Zum Mandat zählt auch der Unterhalt im inzwischen fertiggestellten Ceneri-Basistunnel (CBT). Ein Gespräch über die Arbeit in diesen Jahrhundertbauwerken.

Thomas Gut, welche Ziele verfolgt die SBB beim Unterhalt der beiden Basistunnels?

Gut: Wir wollen die Verfügbarkeit des gesamten, hoch komplexen Tunnelsystems sicherstellen. Gleichzeitig gilt es diese Arbeiten so zu optimieren, dass unseren Kunden im Personen- und Güterverkehr möglichst viel der vorhandenen Tunnelkapazität zur Verfügung steht.

Pascal Zumbühl, wie sieht das Aufgabenspektrum von ISS in den beiden Tunnels aus?

Zumbühl: ISS ist für den Unterhalt der gesamten Entwässerungsinfrastruktur in den beiden Tunnels sowie in sämtlichen Nebenbauwerken mit einer Leitungslänge von rund 670 Kilometern zuständig. Nebst der periodischen Spülung wird jeweils auch eine Kamerabefahrung durchgeführt, um die Qualität der Spülung und allfällige Schäden zu dokumentieren. Schäden an Rohrleitungen werden in der Regel mit einer Quick-Lock-Manschette saniert. Ausserhalb der Tunnels kümmert sich ISS um die Reinigung der Entwässerungsleitungen auf den Zulaufstrecken und von Wasserbehandlungsanlagen, der Rückhalte- und Stapelbecken sowie der Kühlweiher.

Welche Bedeutung hat das ISS Mandat für den Unterhalt der beiden Tunnels?

Gut: ISS hat sich seit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels als verlässlicher Partner im Bereich der Spülung des Entwässerungssystems erwiesen. In einem klimatisch und logistisch hoch anspruchsvollen Umfeld ist die funktionierende Zusammenarbeit mit Partnern einer der Erfolgsfaktoren zur Aufrechterhaltung eines sicheren und zuverlässigen Bahnverkehrs.

Wie wirkt sich dieses anspruchsvolle Umfeld auf die konkrete Arbeit in den beiden Tunnels aus?

Zumbühl: Die Anforderungen an die Mitarbeitenden sind sehr hoch. Nicht jeder möchte regelmässig an den Wochenenden in einer Nachtschicht im Tunnel arbeiten. Die Mitarbeitenden müssen zudem regelmässig Kurse und Prüfungen absolvieren, um im Tunnel und im Gleisbereich arbeiten zu dürfen. Dann schwankt das Arbeitsklima zwischen winterlich kalt und hochsommerlich heiss. Das fordert den Körper, weshalb sich die Mitarbeitenden wiederkehrend einem Hitzetauglichkeitstest unterziehen müssen. Die klimatischen Bedingungen belasten auch die Maschinen. Um die Verfügbarkeit der Lastwagen und Geräte sicherzustellen, benötigen wir eine Unterhaltsplanung, welche sich in Zeit- und Kostenaufwand markant von derjenigen der im Tagesgeschäft eingesetzten Fahrzeugen abhebt.

A propos unregelmässige Arbeitszeiten? Wie lässt sich dieser Job mit einem Familienleben vereinbaren?

Zumbühl: Es war von Anfang an klar, dass wir das Personal nebst einer guten Entlöhnung nur mit einem attraktiven Arbeitszeitmodell langfristig binden können. Unsere Mitarbeitenden arbeiten sieben Tage am Stück und haben danach sieben Tage frei.

Haben sich in den vergangenen vier Jahren beim Unterhalt des GBT neue Herausforderungen entwickelt?

Gut: Die grösste Herausforderung war, zuerst einmal das Gesamtsystems kennenzulernen. Der GBT war und ist für die SBB eine zuvor unbekannte Dimension. Wir haben sowohl hinsichtlich des Betriebs als auch im Unterhalt in den ersten vier Betriebsjahren viel Erfahrung gesammelt. Gleichzeitig konnten wir die Unterhaltskosten wesentlich senken und die Unterhaltszeitfenster optimieren. Beides kommt unseren Bahnkunden zugute. In den kommenden Jahren müssen erste grössere Anlagen im GBT ersetzt werden. Das muss ohne zusätzliche Streckenunterbrüche ablaufen. Eine Herkulesaufgabe für alle Beteiligten.

Seit vier Jahren arbeiten Sie im GBT-Mandat? Was hat ISS gelernt?

Zumbühl: Geduld. Damit die Sicherheit für alle Beteiligten gewährleistet werden kann, dauern gewisse Prozesse länger als wir bislang gewohnt waren. So mussten wir etwa lernen, dass man nach Ankunft auf der Arbeitsstelle nicht sofort aussteigen und mit der Arbeit beginnen darf. Für uns, die wir pro gereinigte Rohrmeter bezahlt werden, schien das verlorene Zeit zu sein. Heute wissen wir aber, dass zuerst der Gleisabschnitt, auf dem wir uns befinden gesperrt und anschliessend geerdet werden muss, damit wir in Sicherheit unsere Arbeit verrichten können.

Wo liegen Unterschiede bei der Arbeit in den beiden Tunnels und gibt es auch Synergien?

Zumbühl: Der Unterhalt am GBT erfolgt verteilt über das gesamte Jahr jeweils in zwei Nachtschichten an den Wochenenden. Die Unterhaltsarbeiten am CBT werden hingegen nur in den Wintermonaten jeweils von November bis Februar in drei Nachtschichten unter der Woche erledigt. Da die Unterhaltsarbeiten im CBT unter der Woche stattfinden, können wir in den beiden Tunnels mit demselben Personal und derselben Ausrüstung arbeiten. Der Standort Biasca dient für den Einsatz in beiden Tunnels.

Thomas Gut, warum hat die SBB das Mandat mit ISS verlängert?

Gut: ISS hat sich im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung durchgesetzt. Entscheidend waren nebst den wirtschaftlichen Kriterien auch Nachhaltigkeit, Erfahrung und die eingesetzte Technologie.

Und wie verläuft die Zusammenarbeit beziehungsweise worauf muss speziell geachtet werden.

Gut: In einem komplexen Umfeld wie dem GBT ist viel Flexibilität erforderlich. Zudem läuft die Kommunikation im Tunnel zweisprachig. Ein grosses Augenmerk gilt auch der Sicherheit auf der Arbeitsstelle. All diese Aspekte erfordern einen zuverlässigen Partner wie ISS, der mehr ist als nur ein Leistungserbringer. Es werden Partner benötigt, die sich nahtlos in die Prozesse der SBB eingliedern.

Pascal Zumbühl, worin liegt für Sie der Reiz, an diesem Projekt mitzuwirken?

Zumbühl: Wir dürfen im längsten Bahntunnel der Welt, einem Jahrhundertbauwerk, die Unterhaltsarbeiten planen und ausführen. Das kann nicht jeder von sich behaupten.

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